Prozessschutz aus Sicht einer holistischen Ethik

Gorke, Martin
Natur und Kultur, Jg. 7/1 (2006), Seiten 88-107

Zunehmend wird im Naturschutz die Leitlinie propagiert, natürliche Prozesse zu schützen, was bedeutet, möglichst wenig in die Abläufe der Natur einzugreifen. Dieser Aufsatz geht der Frage nach, ob und wie sich dies begründen lässt. Dabei zeigt sich, dass die von Naturschutzbehörden und Verbänden meistens angeführten anthropozentrischen Argumente nur unzureichend in der Lage sind, die drei Kernelemente des Prozessschutzgedankens zu rechtfertigen: Ergebnisoffenheit, Konsequenz und Vorrangigkeit. Diese Ziele lassen sich nur unter der Annahme eines Eigenwerts der gesamten Natur plausibel machen, wie ihn eine holistische Umweltethik postuliert. Ich argumentiere zugunsten dieser Ethik und skizziere einige ihrer Konsequenzen sowohl für menschliches Handeln in der Kulturlandschaft als auch für die Betreuung von Naturschutzgebieten.

Überblick über einige normative Ethik-Prinzipien von Biozentrismus und Ökozentrismus

Stenmark, Mikael
Natur und Kultur, Jg. 5/2 (2004), Seiten 88-113

Umweltmanagement und -politik fußen stets auf Werten und ethischen Prinzipien. Daher besteht eine Schlüsselaufgabe der Umweltphilosophen darin, solche Elemente in Umweltmanagement und -politik zu bestimmen und zu bewerten. Der Begriff der nachhaltigen Entwicklung beruht auf Werten und ethischen Prinzipien, die aus einer anthropozentrischen Ethik abgeleitet sind. In diesem Text richte ich die Aufmerksamkeit auf deren wichtigste Gegenspieler und identifiziere zwei Typen von Nicht-Anthropozentrismus, namentlich den Biozentrismus und den Ökozentrismus. Wir müssen jedoch genauer wissen, welche Ethik-Prinzipien laut deren Fürsprechern unser Verhalten gegenüber der Natur sowie unsere Umweltpolitik leiten sollen. Daher ist es das vornehmliche Ziel dieses Textes, den Inhalt solcher normativer Ethik-Prinzipien in Biozentrismus und Ökozentrismus zu bestimmen und zu analysieren.

Vom Grundrecht des Menschen zum Grundrecht der Natur

Mayer-Tasch, Peter Cornelius
Natur und Kultur, Jg. 4/2 (2003), Seiten 105-114

Nichts hat das Selbstbewusstsein des heutigen Verfassungsstaates mehr geprägt als die Idee der Rechtsstaatlichkeit – die Idee des government of laws and not of men (John Locke). Herzstück dieser Rechtsstaatlichkeit ist die Einräumung und Gewährleistung von Grundrechten, die nicht nur den appeal to heaven (ders.) säkularisieren, sondern auch den appeal to the courts garantieren. So hilfreich die Idee der Rechtsstaatlichkeit aber auch gewesen sein mochte, um der Herrschaft von Menschen über Menschen Grenzen zu setzen, so wenig hilfreich hat sie sich im Hinblick auf die Bemühung um die Verhinderung oder doch Beschränkung der wirtschaftlichen Ausbeutung von Menschen durch Menschen im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert (zum Teil aber auch noch heute) erwiesen. Und dasselbe gilt auch für die Ausbeutung der Natur durch die Menschen.

Die Vernichtung der Biologischen Vielfalt als Herausforderung für eine holistische Ethiktheorie

Gorke, Martin
Natur und Kultur, Jg. 4/2 (2003), Seiten 90-104

Die holistische Umweltethik schreibt der gesamten biologischen Vielfalt – allen Individuen, Arten und Lebensräumen – einen Eigenwert zu. Sie ist die einzige ethische Konzeption, die den Schutz von Biodiversität direkt, d.h. ohne Bezug auf irgendwelchen Nutzen für den Menschen, begründen kann. Im vorliegenden Artikel versuche ich, die drei verbreitetsten Einwände gegen diese Ethik zurückzuweisen: 1. Holismus sei überflüssig, 2. Holismus sei nur mit Hilfe starker metaphysischer Vorannahmen rechtfertigbar und 3. Holismus sei nicht praktisch umsetzbar.

Eigenwert der Natur: Gedanken über Ethik und Pragmatik

Callicott, Baird J.
Natur und Kultur, Jg. 4/2 (2003), Seiten 68-89

Die Pragmatiker werfen der Umweltethik vor, dass sie bisher nur geringe Auswirkungen auf die Politik hatte. Ihr Konzept des Eigenwerts (der Natur) lässt sich bis zu Kant zurückverfolgen. Als Folge der akademischen Debatte über Eigenwert in der Natur begann dieses Konzept den Diskurs der Umweltaktivisten und -fachleute zu durchdringen und neu auszurichten. Das Konzept vom Eigenwert der Natur erfüllt in der Umweltethik eine ähnliche Funktion wie das Konzept der Menschenrechte in der zwischenmenschlichen Ethik. Die Menschenrechte entfalteten eine sehr große praktische Wirksamkeit im Bereich der Sozialethik und -politik. Die Erd-Charta könnte in Bezug auf die Umweltpolitik und die Umweltmaßnahmen der Regierungen ähnliche starke Auswirkungen haben.