Lienkamp, Andreas
Natur und Kultur, Jg. 4/1 (2003), Seiten 55-7
Die im März 2000 veröffentlichte Erd-Charta bietet ein Konzept für eine nachhaltige Entwicklung und will zugleich einen weltweiten Dialog über gemeinsame Werte fördern. Zu den zentralen Werten und ‘Tugenden’ in diesem Dokument zählt die Achtung bzw. Ehrfurcht vor dem Leben. Damit greift die Erd-Charta unverkennbar auf den Theologen und Philosophen Albert Schweitzer zurück, der den Begriff geprägt und eine darauf basierende Ethik universaler Verantwortung entworfen hat. Eine von Schweitzer ausgehende Spurensuche zeigt, dass die Ethik der Achtung bzw. Ehrfurcht vor dem Leben nicht erst in der Erd-Charta, sondern zuvor schon in (umwelt-)ethischen Veröffentlichungen der christlichen Kirchen in Deutschland sowie in der von Vertreterinnen und Vertretern der Weltreligionen 1993 verabschiedeten „Erklärung zum Weltethos” rezipiert und modifiziert wurde. Dabei werden interessante Konvergenzen, aber auch Akzentverschiebungen gegenüber dem Werk Schweitzers sichtbar.