Tiefen-Ökologie: Kontrapunkt im aktuellen Kulturgeschehen

Sitter-Liver, Beat
Natur und Kultur, Jg. 1/1 (2000), Seiten 70-88

Tiefen-Ökologie zielt über technischen Umweltschutz hinaus auf einen Wandel in unserem Selbstverständnis. In der Naturgemeinschaft gewinnen wir unser Selbst erst aus Wechselbeziehungen mit Anderen. Darum muss die herrschende Ausbeutung der Natur maßvollem, fairem Wohnen in der Welt weichen. Das praktische Prinzip der Würde aller Kreatur nötigt uns zu einem Kulturwandel, welcher das Markt- und Profitdenken hintanstellt. Wissend darum, dass wir nicht existieren, ohne andere Wesen zu schädigen, zu verbrauchen, entsprechen wir dennoch der Forderung, Leben, wo immer möglich, zu fördern. Kultur heißt, diese existenziale Spannung konstruktiv zu bewältigen.

Wie viele Arten brauchen wir?

Gerdes, Jürgen
Natur und Kultur, Jg. 1/1 (2000), Seiten 89-108

Ein Gespenst geht um in der Ökologie. Es treibt sein Unwesen in den kubischen Glasmetallbauten ökologischer Institute, taucht unvermutet in Forschungsprogrammen der Europäischen Union auf oder geistert durch Denkmodelle arrivierter Professoren, die der Freilandökologie längst entwachsen sind und Natur lieber in der virtuellen Welt ihrer Laboratorien und Computer simulieren. Noch hüllt es sich, wohl wissend, dass es das Publikum nicht zu sehr erschrecken darf, in arglos klingende Formeln: „Modellierung von Stoffumsätzen auf Ökosystemebene”, „Abschätzung der Stabilität und Belastbarkeit von Ökosystemen“, „Fuzzy-Control für den Planeten Erde“.