Don’t worry, be happy? Eine Kritik an Bjørn Lomborgs
„Skeptical Environmentalist“ am Beispiel Energie und Klima

Haberl, Helmut
Natur und Kultur, Jg. 4/2 (2003), Seiten 115-121

Die Umweltkrise ist abgesagt –– auf diesen einfachen Nenner kann man die Kernaussage eines Buches bringen, das den dänischen Statistikprofessor Bjørn Lomborg vor knapp zwei Jahren schlagartig international bekannt machte. Auch wenn Lomborgs Botschaft manchen willkommen sein mag, wäre es sehr kurzsichtig, seine Thesen zur Grundlage seriöser Umwelt-, Agrar-, Bevölkerungs- und Wirtschaftspolitik zu machen. Die Messung der „wirklichen Lage der Welt“ ist zu komplex, als dass ein Einzelner eine völlige Neubewertung leisten könnte. Lomborgs Rhetorik kann nicht verdecken, dass sein Buch bestenfalls auf schnell angelesenem Halbwissen beruht und vor Fehlern, Verdrehungen, unplausiblen Einschätzungen und Unverständnis der Sachlage strotzt.

Vom Grundrecht des Menschen zum Grundrecht der Natur

Mayer-Tasch, Peter Cornelius
Natur und Kultur, Jg. 4/2 (2003), Seiten 105-114

Nichts hat das Selbstbewusstsein des heutigen Verfassungsstaates mehr geprägt als die Idee der Rechtsstaatlichkeit – die Idee des government of laws and not of men (John Locke). Herzstück dieser Rechtsstaatlichkeit ist die Einräumung und Gewährleistung von Grundrechten, die nicht nur den appeal to heaven (ders.) säkularisieren, sondern auch den appeal to the courts garantieren. So hilfreich die Idee der Rechtsstaatlichkeit aber auch gewesen sein mochte, um der Herrschaft von Menschen über Menschen Grenzen zu setzen, so wenig hilfreich hat sie sich im Hinblick auf die Bemühung um die Verhinderung oder doch Beschränkung der wirtschaftlichen Ausbeutung von Menschen durch Menschen im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert (zum Teil aber auch noch heute) erwiesen. Und dasselbe gilt auch für die Ausbeutung der Natur durch die Menschen.

Die Vernichtung der Biologischen Vielfalt als Herausforderung für eine holistische Ethiktheorie

Gorke, Martin
Natur und Kultur, Jg. 4/2 (2003), Seiten 90-104

Die holistische Umweltethik schreibt der gesamten biologischen Vielfalt – allen Individuen, Arten und Lebensräumen – einen Eigenwert zu. Sie ist die einzige ethische Konzeption, die den Schutz von Biodiversität direkt, d.h. ohne Bezug auf irgendwelchen Nutzen für den Menschen, begründen kann. Im vorliegenden Artikel versuche ich, die drei verbreitetsten Einwände gegen diese Ethik zurückzuweisen: 1. Holismus sei überflüssig, 2. Holismus sei nur mit Hilfe starker metaphysischer Vorannahmen rechtfertigbar und 3. Holismus sei nicht praktisch umsetzbar.

Eigenwert der Natur: Gedanken über Ethik und Pragmatik

Callicott, Baird J.
Natur und Kultur, Jg. 4/2 (2003), Seiten 68-89

Die Pragmatiker werfen der Umweltethik vor, dass sie bisher nur geringe Auswirkungen auf die Politik hatte. Ihr Konzept des Eigenwerts (der Natur) lässt sich bis zu Kant zurückverfolgen. Als Folge der akademischen Debatte über Eigenwert in der Natur begann dieses Konzept den Diskurs der Umweltaktivisten und -fachleute zu durchdringen und neu auszurichten. Das Konzept vom Eigenwert der Natur erfüllt in der Umweltethik eine ähnliche Funktion wie das Konzept der Menschenrechte in der zwischenmenschlichen Ethik. Die Menschenrechte entfalteten eine sehr große praktische Wirksamkeit im Bereich der Sozialethik und -politik. Die Erd-Charta könnte in Bezug auf die Umweltpolitik und die Umweltmaßnahmen der Regierungen ähnliche starke Auswirkungen haben.

Erwachen zur Wirklichkeit als Lernprozess:
Erkenntnisse aus der empirischen Forschung zur Moralentwicklung und aus der Umweltbildung

Nevers, Patricia; Dittmer, Arne
Natur und Kultur, Jg. 4/2 (2003), Seiten 48-67

Um Teilen der nicht-menschlichen Natur oder der gesamten Natur einen Eigenwert zuzusprechen, muss die Wirklichkeit und Autonomie nicht-menschlicher Natur wahrgenommen und verinnerlicht werden. Hierfür ist zunehmend tiefe und zugewandte Wahrnehmung frei von Gedanken an Eigennutz erforderlich. Die Entwicklung entsprechender Wahrnehmungsfähigkeiten erfolgt mittels eines Prozesses, den Robert Spaemann als „Erwachen zur Wirklichkeit” bezeichnet. Da die Anerkennung von Eigenwert in der nicht-menschlichen Natur den Ad-hoc- Intuitionen vieler Menschen heutzutage widerspricht, verlangt das Programm des Erwachens zur Wirklichkeit ein Umdenken und Umlernen. Im vorliegenden Artikel werden Anhaltspunkte für einen solchen Lernprozess zusammengefasst, die sich aus der bisherigen Forschung zur Moralentwicklung und aus der Umweltbildung ergeben haben.